Ein Tag für "Der Äthiopier" - Preisverleihung in Mannheim

Am 22. März war es so weit: In Mannheim fand die Preisverleihung für den Literaturpreis „Aufstieg durch Bildung“ 2025 statt, den ich für den Roman „Der Äthiopier“ bekam.
Weil ich danach oft gefragt wurde, erzähle ich hier kurz die Vorgeschichte. Ich hatte eine der letzten Ausschreibungen für den Preis gesehen, zu einer Zeit, als ich noch an dem Roman schrieb, und damals schon gedacht: Wenn ich irgendwann so weit bin mit dem Roman, dass eine Veröffentlichung bevorsteht, sollte ich das Manuskript für diesen Preis einreichen. Das Thema Bildung spielt in dem Roman eine große Rolle – auf Adanes Weg von der Savanne in die Schule und an die Universität bis zu seinem eigenen Engagement, mit dem er Jahrzehnte später selbst Kindern aus der Savanne den Schulbesuch ermöglichte. Bildung war der große Bogen seines bewegten Lebens.
Als ich im vergangenen Jahr die Veröffentlichung des Romans vorbereitete, fand ich die aktuelle Ausschreibung des Preises. Noch immer fand ich, dass Adanes Geschichte unbedingt dieser Jury vorgestellt werden musste und sandte also das Manuskript – wie gefordert – anonymisiert und mit ausgewählten Textstellen nach Mannheim. Viel Hoffnung hatte ich nicht – schließlich hatte ich schon fast drei Jahre bei Agenturen und Verlagen geklappert, weil ich sicher war, dass es ein gelungenes Buch ist, aber offenbar recht allein mit meiner Meinung war. Immerhin war ich sicher genug, es selbst herauszugeben.
Rasch vergaß ich die Einreichung wieder, irgendwann im September dachte ich mal einen flüchtigen Moment lang, dass ich vermutlich irgendwann lesen würde, wer ein besseres Manuskript eingereicht hatte. Und vergaß es wieder, so dass der Anruf Ende Oktober eine echte und willkommene Überraschung war.
Und dann begannen die Vorbereitungen der noon Foundation für die Preisverleihung – gestemmt vom Stifterehepaar Esther und Herbert Noack, deren E-Mails mir in den Wintermonaten in Dakar immer willkommen waren. Aus jeder Zeile sprach ihre Vorfreude auf die Preisverleihung und der Wunsch, es zu einer besonderen Veranstaltung zu machen – vor allem für mich als Preisträgerin, aber auch für alle anderen Beteiligten und die Gäste.
Und es gelang: Ich hatte einen wunderbaren Tag in Mannheim. Bereits am Vorabend der Veranstaltung lernte ich Esther und Herbert Noack kennen, zu einem Ortstermin am Veranstaltungsort, der Stadtbibliothek Mannheim. Auf dem gemeinsamen Weg vom Hotel zur Bibliothek erhielt ich eine kleine Stadtführung und nach dem Besichtigungstermin noch einen Drink, bei dem wir uns über die Stadt, den Preis und das Schreiben austauschten.
Etwas aufgeregt war ich am Samstagmorgen schon, eine Veranstaltung, die sich hauptsächlich um mein Buch drehen sollte – das ja, wie erwähnt – drei Jahre lang vergeblich ein Verlags-Zuhause gesucht hatte. Es tat gut, zu hören, dass die Jury in ziemlicher Einigkeit meinen Text ausgesucht hatte, wie Dorothea Birkholz in der Laudatio verriet. Ein anderes Detail verriet sie ebenfalls: Niemand aus der Jury hatte dem Text widerstehen können; alle hatten das komplette Manuskript (ca. 350 Seiten) gelesen, obwohl ich gemäß den Ausschreibungsbedingungen nur etwa 130 Seiten für die Jury ausgewählt und gekennzeichnet hatte.
Zur Begründung für die Wahl sagte Dorothea Birkholz von der Jury:
„Der Äthiopier“ hat uns überzeugt. Doch warum? Ist es die Sprache, die sich in Stil und Ausdrucksweise den Lebensphasen der Hauptperson anpasst und dadurch so lebendig und authentisch ist? Ist es die Erzählweise, die unseren Blick auch auf Kleinigkeiten lenkt und uns so intensiv am Geschehen teilhaben lässt? Oder ist es das Verknüpfen von konkreten, politischen Gegebenheiten mit einem persönlichen Schicksal, das zeigt, wie unterworfen individuelles Schicksal von Einzelnen ist? Ganz sicher aber war es auch das Leitmotiv im Handeln des Helden, dass Bildung der Schlüssel zur Lösung von Problemen – nicht nur in Deutschland und in Äthiopien – sein kann.
Das Schicksal des Mannes aus Afrika kann somit exemplarisch für ein Leben stehen, in dem die Fremdheit des afrikanischen Kontinents mit der Vertrautheit des Lebens in Deutschland (anfänglich in der DDR, später im vereinigten Deutschland) zusammengefügt ist. Da gibt es kein besser oder schlechter, kein rückständig oder fortschrittlich, ja, keine Wertung, nur anerkennendes und wertschätzendes Beschreiben.
Vielen Dank an die Jury für diese berührenden Worte zu dem Roman.
Vorher begrüßte Herbert Noack von der noon Foundation die etwa 60 Gäste der Veranstaltung, der Bürgermeister für Bildung, Jugend und Gesundheit Dirk Grunert sprach ein Grußwort – in dem er vor allem die Verdienste der noon Foundation Mannheim für die Stadt hervorhob, auf die ich hier auch verweisen möchte: Die Stiftung fördert die Bildung und Erziehung, insbesondere von bedürftigen Kindern und Jugendlichen aus bildungsfernen Schichten, in der Rhein-Neckar-Region. Eine wertvolle Initiative. Christine Wieder, die Leiterin der Stadtbibliothek, hielt ebenfalls ein Grußwort – und hob darin vor allem die Vorleseprojekte von Esther Noack in Ihrem Haus vor.
Zwischendurch konnten wir alle uns von vielen Worten erholen, wenn Juliana Saib auf dem Klavier spielte.
Die anschließende Lesung aus dem Roman war so spannend, dass anschließend alle Exemplare des Buches verkauft wurden, die die Buchhandlung Bender mitgebracht hatte, eine der ältesten Buchhandlungen Deutschlands. – Und ich hatte zuvor noch skeptisch gesagt: „Naja, was Sie heute nicht verkaufen, können Sie dann ja in die Buchhandlung mitnehmen.“ Dafür blieb dann nichts mehr übrig.
Ich signierte fleißig und kam mit dem einen oder anderen Gast noch ins Gespräch, trank noch ein oder zwei Glas Wein – ehe Herbert Noack, die Jurymitglieder und ich zum gemeinsamen Mittagessen aufbrachen. Das dauerte über drei Stunden bei anregenden und angeregten Gesprächen.
Was für ein Tag! Eine Ehrung für mein Buch, über die ich mich noch immer sehr freue – auch weil sie so unerwartet war.
Danke an alle Beteiligten.
Hier ein paar Fotos von der Preisverleihung – das Kostüm habe ich mir übrigens extra für diesen Anlass in Dakar nähen lassen.